hörenWie komm ich zum Theater? eine Radioreportage bei Aslı Kışlal und Anna Schober [daskunst] von Hatice Tuǧba Eryılmaz, Aliakbar Rajabi und Hamid Saberi mit Zulla Ahmetović, Domokos Nagy und Renate Höllwart
Grande Cuisinage* de la Musique: „Uwe kocht für Sie heute Abend Musik!“, [Artspace/diverCITY LAB], 6.12.2013
*Cuisinage: Cuisine
[0:12] Hallo, wir sind heute hier mit dem Theater- und Kulturverein daskunst im ARTspace und werden heute mal andere Seiten des Theaters kennen lernen mit Aslı Kışlal, der künstlerischen Leitung, Anna Schober, die Produzentin des Theaters, und unter anderen auch dem Schauspieler Christian Strasser, der mit Uwe Felchle das Stück „Uwe kocht Musik“ mitmoderiert.
Ja, wir werden heute Sachen sehen, die uns zum Lachen bringen werden, weil es eher Improvisation ist als etwa, das aufgeschrieben ist. Und in einer Stunde werden sie, also Christian Strasser und Uwe Felchle, einen Hit produzieren.
Christian Strasser: Das ist Uwe, unser reizender Assistent und Sklave Nikolo, sie können auch Horst zu ihm sagen oder Karl, Lisa mag er nicht zum Beispiel. Was passiert, wenn ich sag: „Lisa“, und jetzt sag ich „…“, „Nikolo“ – man sieht den Unterschied.
[1:28] Wir sitzen gerade halt in der Runde mit ebenfalls anderen Jugendlichen, die interessiert sind in Theater, mit Zulla und Domokos. Die Fragen werden gestellt von Aliakbar, Hamid und den beiden Jugendlichen.
Aslı Kışlal: Gut. Wir befinden uns hier im ARTspace. Das ist jetzt so ein bisschen ein temporärer Ort für uns. Bis Ende des Jahres auf jeden Fall sind wir hier, als daskunst und diverCITY LAB, das sind zwei verschiedene Projekte, die wir machen. daskunst ist eine Theatergruppe, die seit zehn Jahren existiert. Das ist schon fast eine fixe Gruppe, wir sind aber eine sehr große Palette von verschiedenen Künstlern haben wir in der Gruppe, von Musikern bis zu Breakdancern, bis zu Objektmanipulatoren bis zu Schauspielern eben, alles Mögliche. Und dann gibt’s eine Kerngruppe, die seit Jahren, seit zehn Jahren, jedes Jahr mindestens zwei Stücke und ein Kooperationsstück gemacht hat. Kooperationsstück heißt, mit einem anderen Theater oder mit einer Theatergruppe gemeinsam etwas entwickelt. Und daskunst ist eine Gruppe eben, die seit zehn Jahren existiert und in verschiedenen Sparten Theaterstücke, Performances auf die Beine stellt. Der Ursprung ist … also für uns war es wichtig, ein Spiegelbild der Gesellschaft zu sein, also alle Menschengruppen in dieser Gruppe zu haben. Aber das war nicht so geplant „also jetzt suchen wir die Leute, die Migrationshintergrund haben“, sondern, das waren einfach sehr gute Leute, gute Schauspieler, die sich gefunden haben. Und jetzt haben wir in unsere Richtung fast eine der einzigen Gruppen, die so lange existieren und die so lange auch in diesem Bereich arbeiten. Wir machen sehr oft politische, sozialkritische Stücke, aber mit viel Humor, weil wir denken, Humor ist die wichtigste, also die schärfste Waffe eigentlich und mit Humor kann man die Dinge, das Elend oder die Missstände besser und klarer darstellen. Und wir versuchen ein Theater zu machen für alle.
[4:20] Sie konfrontieren sich direkt mit den Leuten. Beim ersten Mal, hatten Sie da Stress?
Aslı Kışlal: Ja, jedes Mal ist es ein Stress. Jetzt gerade hat die Anna auch gesagt: „Ich bin ständig sehr aufgeregt hinter der Bühne, bevor ich auf die Bühne gehe. Wenn meine Gruppe spielt und ich hab die Regie geführt, bin ich noch aufgeregter als alle anderen Schauspieler.“ Und find’s auch okay und ich find’s sehr schön, weil ich will keine Beamtin sein in diesem Sinne. Also je mehr ich dieses Feuer in mir habe, dass, äh, mir der Arsch brennt - (Lachen) Dürfen wir das sagen? - also das, weil das ist jedes Mal anders, jedes Mal ist eine neue, es entsteht neu, es kann irgendwas schiefgehen, es kann ein anderes Publikum sein, die reagieren anders und du fühlst dich ganz anders an dem Tag und das spielt immer eine Rolle an dem Tag und deswegen ist es super spannend. Und das will ich auch nicht verlieren, dass ich das spannend finde.
[5:40] Wenn Sie Ihren Text vergessen – was machen Sie?
Aslı Kışlal: Das nennt sich dann Improvisieren, retten versuchen, doppelt so schnell denken und erfinden.
Passiert das öfter?
Aslı Kışlal (lachend): Das war bei der letzten Vorstellung. (Lachen) Ja, ja. Ja, es ist sehr lebendig, also es ist live und lebendig. Wenn was passiert, dann muss man sehr schnell reagieren und auch in der Rolle reagieren, nicht aussteigen und überleben, sondern: Wie reagiert die Rolle? Und in dem Moment auch denkst du natürlich: Wie helf ich meinen Kollegen, dass das dann weitergeht? Das heißt super schnell denken in dem Moment, viel Adrenalin und dann ist man wach, auf jeden Fall.
[6:41] Was mich noch interessieren würde: Was für Voraussetzungen braucht man? Was für Aufnahmeprüfungen muss man hinter sich haben, um hier als Schauspieler tätig werden zu können?
Aslı Kışlal: Also normalerweise, in staatlichen Konservatorien, oder es gibt wahnsinnig, Unmengen von Privatschulen leider auch, ist die Voraussetzung drei Monologe zu erarbeiten, einen klassischen und zwei moderne und einen von denen will man eher so Komödie haben. Und mit diesen drei Monologen stellt man sich vor. Das ist dann die Aufnahmeprüfung. Es geht immer in drei Staffeln. Also die erste Runde kommst du mit dem ersten Monolog. Entweder sehen sie irgendwas schon und dann nehmen sie dich in die zweite Runde und dann wird mehr, intensiver gearbeitet, und dann die dritte Runde und so geht’s weiter. Wir haben im diverCITY LAB auch eine Akademie, eine Schauspielakademie und das ist unser erstes Jahr, wir haben schon fünfzehn Schüler, Studenten, die die nächsten zwei Jahre eine vollständige Ausbildung kriegen. Und das ist sehr umfangreich. Also das ist vom Sprechtechnik, Stimmbildung, zu Körperbeherrschung, zum Monolog erarbeiten, Teamwork schaffen, ein Ensemble zu sein, viel Improvisieren… Und das wird zwei Jahre lang dauern sozusagen. Und das ist um die dreizehn, vierzehn Stunden Unterricht in der Woche haben sie und zusätzlich haben sie auch Blockveranstaltungen und Workshops, dass wir einfach wirklich eine sehr frische, neue Generation von jungen Schauspielern auf die Welt setzen.
[8:38] Wie viel Leute braucht man, um ein Stück zu machen?
Aslı Kışlal: Schwierige Frage. Also ab einer Person kann es bis zur möglichen Zahl gehen.
Anna Schober: In einem kleinen Theater gibt’s einfach mal die Struktur, also das Büro und die ganze Werbung, die Technik, und also die, die in der Struktur jetzt einfach mal tätig sind. Da gibt’s Garderobe und Kartenverkäufer und die alle. Und das kreative Team sind Schauspieler, Musiker, es ist immer im Theater meistens ein Regisseur dabei und meistens eine Regieassistenz, dann gibt’s
Aslı Kışlal: Dramaturgie
Anna Schober: Dramaturgie, das ist vielleicht das große Fragezeichen, was eigentlich nie jemand weiß, was das ist. Das ist so am Theater derjenige, der so bisschen die Richtung des Theater lenkt irgendwie oder so sich die intellektuellen Hintergründe überlegt und bei dem Stück selber eben schaut: Wie funktioniert das? Recherchiert: Was gibt’s da für Hintergründe. Und sich einfach anschaut, ob das, was man sagen will, rüberkommt. So ungefähr. Was gibt’s denn noch?
Aslı Kışlal: Manchmal auch Choreographen.
Anna Schober: Choreographen. Dann gibt’s Maskenbildner normalerweise. (lachen) Bühnenbildner.
Aslı Kışlal: In der freien Szene kann man sich das nicht leisten. Aber Bühnenbild oder Kostüm sind wichtige Teile.
[10:32] Aslı Kışlal: Heute Abend sehen wir für 2013 die letzte Vorstellung von daskunst, „Uwe kocht für Sie heute Abend Musik“
Christian Strasser: Es geht drum, in einer Stunde einen Hit zu produzieren. Sie haben vorher scheinbar demokratisch ihre Stimme abgegeben. Grundsätzlich interessiert uns das einmal nicht. Aber nett, dass sie sich beteiligt haben. (Lachen) Da oben steht 59:59, das steht für Minuten und Sekunden. Und dieser Countdown beginnt jetzt.
Hamid: Das war eine lustige Nacht. Und … super!
Tuǧba: Ich fand es persönlich sehr witzig, weil ich selber ein sehr spontaner Mensch bin und immer wieder was dazu gesagt hab im Stück und es wirklich cool fand, weil die Menschen, die da saßen, nicht nur das Publikum waren, sondern auch ein Teil des Stückes und das Theater sich gemischt hat mit der Musik, was man eigentlich meistens ja nicht wirklich sieht, außer es sind Musicals oder solche Sachen.
Hamid: Dieser Tag war für mich ganz neu, neue Sache und neue Kunst. Und wir konnten auch mit Schauspieler sprechen und Ideen geben und wir konnten auch singen und rappen geben, Musik wählen. Das war super!
Christian Strasser: Meine Damen und Herren, Applaus für Uwe! Und mein Name tut nichts zur Sache. Uwe, spiel den Track!
Aliakbar: Die Hatice und Hamid, die waren auf der Bühne und die hatten einen Auftritt und wir können das anhören.
[Musik]
Tuǧba: Ich fand’s wirklich toll, mal wieder auf der Bühne zu stehen und einfach so Freestyle zu singen. Ja, ich fand’s toll!
Hamid: Ich hab ein Lied gesungen, gerappt, ja.
Tuǧba: Ich fand’s überhaupt cool, wie er das gleich aufgenommen hat, weil ich hab ja eigentlich, ich war nicht vorgesehen als die Person, die rausgeht und singt, eigentlich war‘s ja HipHop. Und ich hab mir gedacht, da ich ja Jazz auf diese Liste gestellt hab, hab ich gedacht, ich sing ein bisschen Jazz (lacht), und, ja, ich fand das,
Hamid: Aber nur HipHop.
Tuǧba: Ja, eigentlich, aber es ist ja auch ein bisschen HipHop gewesen. Es gibt ja auch manchmal Strophen, wo jemand singt und dann wird gerappt und dann gesungen und dann gerappt. Also es ist auch ein bisschen HipHop gewesen, aber nicht so ganz. Naja, was ich sagen wollte, ist, ich fand’s cool, wie ich eigentlich nur gesagt hab, „ja, braucht’s ihr nicht eigentlich auch eine weibliche Sängerin?“ , weil’s ja eigentlich nur Jungs waren, und dass er das gleich aufgenommen hat und mich zur Bühne gerufen hat. Ich fand das toll.
[Musik]
Aliakbar: Ich hab die ganze Zeit aufgenommen und ich hab angehört und war bei mir auch ganz interessant und lustig. Und ich hab noch eine Woche sehr lange gelacht. Und ich hab viele Freunde kennen gelernt, ja, find ich sehr interessant irgendwie.
Hamid: Insgesamt war es lustig, aber man konnte viel lernen. (Lachen) Ja!
Tuǧba: Ich fand’s witzig, wie auch die Moderatoren, also auch Uwe, gesungen haben, das mit „Krebsgeburt“, das fand ich am lustigsten. Und, ja, ich würd gerne öfters in solche Theaterstücke gehen, weil sie eine andere Seite des Theater zeigen, weil sie eher im Raum spielen, wo das nicht vorgeschrieben ist und nicht geplant ist, sondern einfach so, das, was aus dem Herzen kommt oder einfach von diesem spontanen Gedanken kommt, zu machen und die Menschen da reinzubringen in diese Stimmung.
Danke für die Aufmerksamkeit! Ja, wir haben heute vieles gelernt, mit Hamid und Aliakbar gemeinsam.
Dankeschön!
Ja, ich bedanke mich bei Ihnen, und auch bei Hatice und Hamid und tschüß, baba
Ciao!
Ciao!
Auf Wiedersehen, tschüß!
In Zusammenarbeit mit Mischa G. Hendel